Ablenkung Titelbild

Nur mal kurz eine Nachricht auf What’s App schreiben, schwupps sind 2 Sekunden vergangen. In dieser kurzen Zeit fährt man selbst bei nur 100km/h über 50m im völligen Blindflug! Um genau diesen Blindflug soll es jetzt gehen. Wie sehr lenken die modernen Informationssysteme den Fahrer ab und welche Gefahren entstehen dabei?

 

Die Ablenkung im Fahrzeug steigt stetig. Mehr und mehr Systeme werden integriert, mit denen man sich neben der Fahrt „beschäftigen“ kann. Handys und deren Anbindung, Klimabedienung, Radio, Navigation und der Bordcomputer sind die häufigsten Mittel zur Ablenkung. Des Weiteren werden immer mehr Funktionen auf Touchscreens verlagert. Da diese nicht die haptische Rückmeldung wie Schalter bieten, sind sie kaum ohne hinsehen zu bedienen.
Dabei sollte man deren Risiko keinesfalls unterschätzen! So führt Unachtsamkeit zu einem doppelt so hohen Unfallrisiko. Das Wählen einer Nummer über das Handy, führt sogar zu einer 12 mal höheren Chance, dass es kracht. Essen am Steuer (fast doppelt so hohes Unfallrisiko) und Gespräche mit Mitfahrern (40% höher) sind ebenfalls gefährlich. Zählt man diese und weitere Ablenkungsfaktoren einer Studie zusammen, dann sind mehr als die Hälfte der Fahrer nicht konzentriert! Das belegt auch eine Untersuchung aus den USA: Bei fast 70% der Unfälle, waren die Fahrer unaufmerksam.

Ablenkung – Fahrzeugbedienung

Beginnen wir mit einem häufig sehr tief angebrachten Bauteil: der Klimaanlage. Für diese muss man oft extra nach unten blicken, um die Tasten oder den Touchscreen zu drücken. Dadurch ist die Hand weiter weg vom Lenkrad und es dauert länger bis wieder die volle Konzentration da und jede Hand am Lenkrad ist.

Um die Gefahr des Handys zu verringern gibt es schon in vielen Fahrzeugen eine Telefonanbindung. Ist es gekoppelt, kann es häufig mit den Lenkradtasten oder sogar per Sprachbefehl bedient werden. Man sagt einfach den gewünschten Namen und die Person wird aus den Handykontakten angerufen. Das Suchen in Listen auf dem Handy entfällt und der Blick kann auf der Straße bleiben.

Auch Navigationsgeräte warten inzwischen mit einer Sprachbedienung auf. Die lästige Zieleingabe, durch Tasten und Touchscreens dauert dagegen lange. Ebenso bedarf das Erkennen der Bildschirminhalte vieler Blicke. Das Navi also besser vor der Fahrt einstellen!

Immer umfangreicher werden die Bordcomputer und digitalen Displays, die den analogen Tacho ersetzen. Diese zeigen sich ständig ändernde Daten an, z.B. den häufig genutzten Momentanverbrauch. Die Bedienung erfolgt zwar meist recht intuitiv per Lenkradtasten, aber die sich ständig ändernden Informationen bedürfen einer häufigen Kontrolle.

Ebenfalls viel Ablenkung erzeugen die vielen Helferlein – Fahrassistenzsysteme. Wieso, fragen Sie sich? Deren Bedienung ist häufig sehr komplex und nicht mal eben per Tastendruck erledigt. Hier ist viel Konzentration gefragt, welche dann auf der Straße fehlt. Sie sollten also besser im Stand bedient werden. Sie würden gern mehr über diese Systeme erfahren? Bleiben Sie gespannt, bald kommt ein Artikel dazu.  

Eigentlich nur unterstützen sollen die Rückfahrkameras, doch sie verleiten immer häufiger dazu, sich rein auf ihr Bild zu verlassen. Die Sicht dieser Systeme ist aber stark begrenzt und kann den eigenen Blick nicht ersetzten! So werden Personen und besonders Radfahrer neben dem Fahrzeug schnell übersehen. Die reinen Parkpiepser hingegen lenken weniger ab. Da sie nur piepen, ist man gezwungen selbst zu schauen, wo man hinfährt.

Auch die häufigste Nebentätigkeit im Auto führt zu Ablenkung: die Bedienung des Radios. So ermittelte der ADAC in einem Bedientest, für das Suchen einer Radiofrequenz, eine Durchschnittszeit von 15,6s. Bei 50km/h sind das über 200m, in denen die Konzentration auf dem Radio liegt! Abhilfe schafft hier wieder die Sprachsteuerung.

Radfahrer und Fußgänger

Aber nicht nur Autofahrer lenken sich ab, auch Radfahrer sind nicht immer ganz bei der Sache. Grund Nummer 1: Musik. Sie verlieren dadurch einen wichtigen Sinn: ihr Gehör. Herannahende Autos, LKW oder sogar Straßenbahnen werden nicht wahrgenommen. Und ob diese den leicht zu übersehenden Radfahrer sehen und Schlimmeres abwenden?

Erst nach links, dann rechts und dann wieder nach links absichern beim Überqueren einer Kreuzung. Das wird jedem Kind beigebracht, trotzdem machen es viele Fußgänger nicht! Die Köpfe zeigen stattdessen nach unten auf das Handy. Eine Untersuchung ergab, dass fast 17% ihrem Smartphone die meiste Aufmerksamkeit schenkten. Fast 10% tippten einen Text und 2,6% telefonierten. Wohlgemerkt passierte alles beim Überqueren einer Kreuzung oder einer Straße.

Maßnahmen

Um die Handynutzung im Verkehr einzudämmen, wurden die Strafen erhöht. So kostet die  Handynutzung am Steuer  100€ und einen Punkt. Bei einer Gefährdung erhöht sich die Strafe auf 150€, 2 Punkte und einen Monat Fahrverbot. Kommt es gar zu einer Sachbeschädigung, wird das Bußgeld auf 200€ angehoben. Auch Radfahrer sind nicht vor Bußgeldern gefeit: Wird das Handy während der Fahrt benutzt, muss man mit 55€ rechnen.

Schützen kann auch eine gut funktionierende Sprachbedienung. Sie nimmt ewiges durchsuchen der Kontakte und damit viel ablenkende Arbeit ab. Aber das Handy sollte wenn dann vor Fahrtantritt gekoppelt werden! Auch ein Head-Up-Display, wie es bspw. im neuen Ford Focus zu finden ist, behält den Blick des Fahrers auf der Straße. Dabei werden Informationen auf einen kleinen Teil der Frontscheibe projiziert. Ist man trotzdem abgelenkt helfen im schlimmsten Falle nur noch Assistenzsysteme, vor allem der Notbremsassistent.

Aber all diese Assistenten dienen nur zur Unterstützung, sie sind nicht dazu da, das Fahren abzunehmen! Es muss sich also jeder  Verkehrsteilnehmer bewusst sein, dass auch nur wenige Sekunden der Unaufmerksamkeit tödliche Folgen haben können. Also: lassen Sie das Handy in der Tasche und richten Sie ihren Blick auf die Straße!